Antanas Kaskelis, Kapitän des Kriegsschiffs „Präsident Smetona“

Antanas Kaskelis, Symbolfigur der litauischen Kriegsflotte 1935-1940 und Kapitän des Schulschiffs „Präsident Smetona“, mag vielen jüngeren Seeleuten als ein Mensch aus einer anderen Epoche erschienen sein. Der bärtige Seebär machte mit seiner Erfahrung gewaltigen Eindruck auf die jungen Seeleute der „Präsident Smetona“. Er war zu dieser Zeit weit über 50 und hatte 1905 im Krieg zwischen Japan und Russland in Fernost teilgenommen, er hatte die maritime Schule für Fernfahrten in Wladiwostok abgeschlossen und war im Ersten Weltkrieg wieder mobilisiert worden, wo ihm die Minensucher im nördlichen Hafen von Archangelsk unterstanden. Nachdem Litauen die Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, schrieb er sich in die Liste der Freiwilligen für das Militär ein und diente 10 Jahre in diversen Stäben und Transporteinheiten. Schließlich, im Sommer 1927, erwarb Litauen den 10 Jahre alten deutschen Minenleger M59.

 Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war das Schiff entwaffnet und konserviert worden, mit Teer gestrichen. Litauen erwarb das Schiff, nachdem die Rückkehr das Memellands zu Litauen mit dem Hafen und Meereszugang zwar viel Freude verursacht hatte, aber auch die Frage aufwarf, wie die Sicherheit der Küste und der Kampf gegen Schmuggel sichergestellt werden sollten. Das war der Zweck dieses Schiffs.

Die Generalüberholung des Schiffs dauerte einige Monate und im November stach die „Präsident Smetona“ in die offene See. Das Debut unter dem ersten Kapitän Adomas Daugirdas war wenig erfolgreich, das Schiff mit seiner unerfahrenen Mannschaft wurde von Wind und Wetter in den Hafen Danzig verschlagen, von wo aus es später nach Klaipeda zurückgeführt wurde. Daugirdas musste den Kapitänstitel abgeben und die Führung ging für lange Zeit an A. Kaskelis.

Der Enthusiasmus von Kaskelis zeigte sich auch darin, dass er über zwei Jahre (ab 26. Januar 1933 bis 1. April 1935) einerseits in Liepaja die Reparatur des Schiffs beaufsichtigte, andererseits aber währenddessen Schriftführer in der Kommandantur Klaipeda war. Die Beaufsichtigung der Reparatur war keine leichte Aufgabe, da es zu zahlreichen Unstimmigkeiten sowohl mit den Ausführenden als auch der Direktion des Hafens Klaipeda kam. Interessant ist auch der Umstand, dass die Kriegsflottille erst am 1. August 1935 gegründet wurde, bis dahin war die „Präsident Smetona“ den Panzertruppen unterstellt. Mit der Begründung der Kriegsflottille wurde aus dem Küstenschutzboot „Präsident Smetona“ das erste und zu diesem Zeitpunkt einzige Kriegsschiff der litauischen Flotte.

Der erfahrene Seewolf war nicht nur Kapitän und Ausbilder der Seeleute, sondern auch ein sorgfältiger Aufpasser bei Reparaturen in den Docks in Klaipeda oder Liepaja. Kaskelis verließ das Schiff auch 1939 nicht, als das Dritte Reich sich das Memelland einverleibte und Litauen dadurch den Hafen Klaipeda verlor und die „Präsident Smetona“ zwischen den Docks in Liepaja und Sventoji umherirrte.

Kaskelis war eine hochverehrte Person, denn seine reifen Jahre, die er in Litauen verbrachte, widmete er der Begründung einer nationalen Marine. Als Kapitän war er damit befasst, die Mannschaft zu vervollständigen, die einzelnen Positionen mit ihren Pflichten und Rechten zu beschreiben, einen Plan für die Luftverteidigung des Schiffs zu entwickeln. Kaskelis nahm aktiv an der Entwicklung einer Vision für Litauen als seefahrende Nation teil, er schlug den Bau eines gesonderten Militärhafens in Klaipeda vor, wofür er bereits einen ausführlichen Plan entwickelt hatte. Er unterbreitete Entwürfe für Uniformen. Er war nicht nur ein Vertreter der Seefahrt, sondern propagierte auch Wassersport. Er war Mitglied des litauischen Seglerverbands und 1938 bei der ersten internationalen Regatta in Klaipeda und Nida als Schiedsrichter der Jury tätig.

Kapitän der „Präsident Smetona“ wurde er aufgrund des Misserfolgs von A. Daugirdas. Die Ironie der Geschichte führte dazu, dass er bei einem Sturm am 17. August 1937 auf eine Sandbank bei Sventoji auflief und ihm deswegen die Beförderung gestrichen wurde. Am 1. Dezember 1939 wurde Kapitän zur See A. Kaskelis 60 Jahre alt und damit aus dem Dienst entlassen. Während seiner gesamten Dienstzeit auf dem Schiff zeichnete er sich durch eine überragende Selbstbeherrschung aus, selbst in kritischen Augenblicken verlor er nicht die Nerven und erwarb sich damit Verehrung, Autorität und Zuneigung der Seeleute. Es gab keine Fälle, in denen der Kapitän des Schiffs die Besatzungsleute wegen unangemessenem Verhalten beschimpfte oder beleidigte. Er beschränkte sich auf Ratschlag und Hilfe bei der Beseitigung des gemachten Fehlers.

Während der sowjetischen Besetzung erlitt Kaskelis das gleiche Schicksal wie viele andere litauische Offiziere. Zu Beginn der Okkupation wurde er in Palanga festgenommen, vom NKWD verhört und bis 1941 in Haft. Im verstaatlichten Haus des Kapitäns zur See der Reserve in Palanga wurde eine Dienststelle des sowjetischen Grenzschutzes eingerichtet. Aufgrund eines glücklichen Zufalls wurde er von den Sowjets gegen von den Deutschen festgenommene Kommunisten ausgetauscht, kam dadurch aus dem Gefängnis und reiste mit Frau und Tochter nach Deutschland. A. Kaskelis verstarb am 12. Juni 1944 in Schivelbein (die heutige polnische Stadt Swidwin). Die genaue Grablage ist unbekannt.

Die Besucher des Vytautas-Magnus-Kriegsmuseums können in der Ausstellung zu den litauischen Streitkräften 1918-1940 das hervorragende von Vladas Drupas 2012 angefertigte Modell des Schiffs „Präsident Smetona“ besichtigen, ebenso rekonstruierte Uniformen aus jener Zeit, eine Seemine und ein Porträt des Kapitäns Antanas Kaskelis, das bis zum 1. September 2024 gezeigt wird. 

Schätze der Sammlung des Vytautas-Magnus-Kriegsmuseums.

Schiff der litauischen Flotte „Präsident Smetona“ im Hafen Klaipeda, 1930er Jahre
Offiziere der litauischen Streitkräfte mit Gästen am Speisetisch im Offizierskasino Kaunas, 1920er Jahre. Erster auf der linken Tischseite ist Antanas Kaskelis (1879-1944), zweiter auf der rechten Tischseite Steponas Darius (1896-1933)
Parade der Soldaten des Ausbildungszugs des litauischen Kriegsschiffs „Präsident Smetona“, 1936-1939
Deck, Mannschaft und Gäste des litauischen Kriegsschiffs „Präsident Smetona“ bei einer Seefahrt. Klaipeda. Klaipeda. 1935-1940. Am Bug des Schiffs ein 20 mm Flugabwehrgeschütz „Oerlikon“
Mitglieder der Besatzung des Küstenschutzschiffs „Präsident Smetona“. Klaipeda. Etwa 1928-1932. Von rechts: auf dem Schiff freiberuflich tätiger Mechanik-Ingenieur Adolfas Darginavicius, Kapitän Antanas Kaskelis und nicht identifizierter Bootsmann
Matrosen der litauischen Streitkräfte auf dem Kriegsschiff „Präsident Smetona“. Etwa 1936
Küstenschutzschiff „Präsident Smetona“. Klaipeda, 1927-1932
Küstenschutzschiff „Präsident Smetona“. Klaipeda. 1920er bis 1930er Jahre
Matrose des Küstenschutzschiffs (Grenzschutz) „Präsident Smetona“ J. Bagdonas. Klaipeda, 6. April 1928
Matrose des Küstenschutzschiffs (Grenzschutz) „Präsident Smetona“ Stasys Mataitis. Klaipeda, 14. Juni 1928
Porträt des Kapitäns zur See Antanas Kaskelis
Ausstellung zur Kriegsflotte und Mini-Ausstellung im Vytautas-Magnus-Kriegsmuseum
Ausstellung zur Kriegsflotte und Mini-Ausstellung im Vytautas-Magnus-Kriegsmuseum
Ausstellung zur Kriegsflotte und Mini-Ausstellung im Vytautas-Magnus-Kriegsmuseum
Schiffsmodell der „Präsident Smetona“ (Autor Vladas Drupas)
Schiffsmodell der „Präsident Smetona“ (Autor Vladas Drupas)